Der Lobpreis gebührt Allâh und möge Allâh Seinen Gesandten sowie dessen Familie und Gefährten in Ehren halten und ihnen Wohlergehen schenken!
Die Annahme bzw. Ablehnung der Mondsichtung eines bestimmten Landes ist auf unterschiedliche Meinungen unter den Gelehrten zurückzuführen. Wenn die Mondsichel (Hilâl) nur in einem bestimmten Land gesichtet wurde, gilt dann diese Sichtung für alle Muslime? Sind sie alle zum gemeinsamen Fasten bzw. zum gleichen Ende des Fastenmonats (durch das Îd Al-Fitr) verpflichtet? Oder gilt für jedes Land eine eigene Beurteilung beim Fastenbeginn bzw. dem Brechen des Fastens (am Monatsende), weil der Mond je nach Land unterschiedlich aufgeht (Ichtilâf Al-Matâli)?
Die Mehrheit der Gelehrten, darunter Abû Hânifa, Mâlik und Ahmad, richtet sich nach der ersten Ansicht. Diese basiert auf dem Wort des Propheten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken): „Wenn ihr ihn (den Hilâl) sichtet, so fastet (den ersten Tag des Ramadân; AdÜ). Und wenn ihr ihn (erneut) sichtet (am Beginn des Folgemonats Schawwâl; AdÜ), so bricht das Fasten (durch das Îd Al-Fitr; AdÜ)“ (Al-Buchârî, Muslim nach Ibn Umar). Manche Gelehrte meinten, dass der Text allgemein an alle Muslime gerichtet ist und dass es keine Rolle spielt, ob der Mond zur gleichen Zeit aufgeht oder nicht.
Imâm As-Schâfiî und eine Gruppe der Gelehrten unter den Salaf (den rechtschaffenen Vorfahren) waren der Ansicht, dass der „Ichtilâf Al-Matâli“ (unterschiedliche Zeiten des Mondaufgangs) einbezogen werden müsse. Für sie ist der Hadîth relativ zu verstehen. Also gelten Fasten bzw. Îd Al-Fitr nur für diejenigen, die den Hilâl auch sehen können. Der Sinn des Textes richtet sich nicht an Menschen in Gebieten, wo der Hilâl nicht gesichtet wurde; er ist erst dann anzuwenden, wenn eine solche Mondsichtung möglich ist. Und diese Auffassung ist vorzuziehen. Die Ansicht, wonach der Ichtilâf Al-Matâli nicht berücksichtigt wird, widerspricht der Vernunft und den Überlieferungen. Er widerspricht der Vernunft, da es notwendigerweise unterschiedliche Zeiten (in verschiedenen Regionen) gibt. Und es widerspricht der Überlieferung, da Muslim und andere von Kuraib Folgendes überlieferten: „Ich kam nach Syrien und dort sichtete ich den Hilâl des Ramadâns. Ich sah den Hilâl in der Nacht zum Freitag. Dann kam ich Ende des Monats nach Medina und Ibn Abbâs fragte mich danach. Er erwähnte den Hilâl und fragte: ‚Wann habt ihr den Hilâl gesehen?‘ Ich sagte: ‚In der Nacht zum Freitag haben wir ihn gesehen.‘ Er sagte: ‚Hast du ihn (selbst) gesehen?‘ Ich entgegnete: ‚Ja, und auch die Leute haben ihn gesehen. Sie und Muâwiya haben darauf das Fasten begonnen.‘ Er sagte: ‚Doch wir haben ihn erst in der Nacht zum Samstag gesichtet. Und wir fasten weiter bis wir 30 Tage vervollständigt haben oder (einen Tag vorher; AdÜ) den Hilâl sichten.‘ Da meinte ich: ‚Sollten uns die Sichtung von Muâwiya und sein Fastenbeginn nicht genügen?‘ Er sagte: ‚Nein, denn so hat es uns der Gesandte Allâhs (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) befohlen.‘“ At-Tirmidhî sagte dazu: „Entsprechend diesem Hadîth gilt nach den Gelehrten, dass jedes Land seine eigene Sichtung hat.“
De r Beginn des Ramadâns wird durch die Sichtung des Hilâls am Anfang des Monats bestimmt, selbst wenn dies nur durch einen einzigen, jedoch zuverlässigen, Zeugen geschieht oder durch Vollendung des Vormonats mit dreißig Tagen, falls (der Himmel in) der Nacht zum dreißigsten Tag klar ist (und der Mond nicht gesichtet wurde, AdÜ). Falls es bewölkt ist, so haben die Gelehrten unterschiedliche Auffassungen, da sie den Sinn des Wortes des Gesandten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) verschieden verstanden haben. Denn er sagte: „Wenn er (der Hilâl des Ramadân) euch durch Wolken verdeckt ist, dann schätzt ihn“ (Al-Buchârî, Muslim von Ibn Umar). Nach Ahmad, Tâwûs und einer kleinen Gruppe ist mit dem Ausdruck Folgendes gemeint: „Beschränkt die Anzahl“ – so ähnlich wie es im Qurân heißt: „Und wem seine Versorgung bemessen (knapp zugeteilt, beschränkt) wurde“ (Sûra 65:7). In diesem Vers wird das Wort im Sinne von „einschränken, enger machen“ verwendet. Ähnlich ist es im Vers: „Er gewährt die Versorgung großzügig, wem Er will, und bemisst auch“ (Sûra 42:12) Die Bedeutung „einschränken“ würde implizieren, dass man den Vormonat Scha‘bân mit nur 29 Tagen abschließt. Wenn der Himmel in der Nacht zum 30. Tag des Scha‘bân bewölkt oder verhangen ist oder eine Sichtung des Hilâl aus einem anderen Grund verhindert wird, dann fastet man am nächsten Tag und geht davon aus, dass der Hilâl unter den Wolken bereits erschienen ist. Sie sagten auch: Ibn Umar hat diesen Hadîth durch sein eigenes Handeln erklärt. Denn er ist der Überlieferer dieses Hadîths und kennt seine Bedeutung am besten. Seine Erläuterung anzunehmen ist verpflichtend. Abû Dâwûd hat von Nâfi überliefert, dass dieser sagte: „Als 29 Tage vom Scha‘bân vergangen waren, schickte Ibn Umar jemanden, den Hilâl zu sichten. Würde er ihn sehen, so sollte dies (der nächste Tag, als Ramadânbeginn) gelten. Und wenn er ihn nicht sieht und es auch keine Wolken oder trübes Wetter gibt, die seine Sichtung behindern, so würde er auch den morgigen Tag ohne Fasten verbringen. Wenn aber eine Wolke oder trübes Wetter die Sicht versperren, dann würde er am nächsten Tag fasten.“
Abû Hânifa, Mâlik, As-Schâfi‘î sowie Ahmad nach einer Überlieferung und die Mehrheit der rechtschaffenen Vorfahren waren der Ansicht, dass der Ramadân durch Sichtung des Hilâls oder durch die Vervollständigung (des Scha‘bân) mit 30 Tagen festgelegt wird, und das Fasten an einem bewölkten Tag (am Ende des Scha‘bân) gilt nicht als Ramadân-Fasten. Für diese Gelehrten ist die Bedeutung des Wortes „schätzen“ bzw. „beschränken“ (im Hadîth) folgendermaßen zu verstehen: „Schätzt die vollständige Anzahl (des Scha‘bân) mit 30 Tagen.“ Sie beriefen sich auf andere Überlieferungen, wie zum Beispiel: „So schätzt ihn mit 30 (Tagen).“ Diese Überlieferung erklärt die anderen allgemein gehaltenen Texte, wo es nur „schätzt ihn“ heißt.
Mutarrif ibn Abdullâh ibn As-Schicchîr, Abû Al-Abbâs ibn Sûraidsch, Ibn Qutaiba und andere verstanden unter dem Ausruck, dass es sich um die Berechnung der Mondphasen handele und meinten, dass der Monat durch astronomische Berechnung bestimmt werde.
Vorzuziehen ist jedoch, dass der Monat durch die Sichtung des Hilâls bestimmt wird. Wenn es am Ende des Vormonats bewölkt ist, so vervollständigt man ihn mit 30 Tagen. Das ist die Auffassung der Mehrheitsgelehrten, denn die Auffassung, dass man den Mond unter den Wolken annimmt, widerspricht der klaren Aussage der anderen Überlieferungen. Und die Aussage, dass man die Mondphasen berechnen solle, wird durch folgende Überlieferung in den beiden Sahîh-Werken und anderen zurückgewiesen: „Wir sind ein Volk von Analphabeten (Ummî). Wir schreiben nicht und berechnen (Hisâb) nicht. Der Mond ist soundso (29 oder 30 Tage, AdÜ).“ Ibn Hadschar sagte: „Gemeint sind hier die Muslime, wie sie bei dieser Aussage in seiner Gegenwart waren. Sie bezieht sich auf die Mehrheit, da Schreiben unter ihnen sehr selten war. Mit ‚Berechnen‘ (Hisâb) ist hier das Berechnen der Himmelskörper und ihrer Bahnen gemeint. Sie wussten damals nur sehr wenig davon. Daher knüpfte er das Fasten und anderes an die Sichtung (des Hilâls) und vermied damit Schwierigkeiten beim Umgang mit der Berechnung der Himmelskörper. Das Urteil über das Fasten bleibt aber so bestehen, auch wenn nach diesen (frühen) Muslimen durchaus solche kamen, die sich hierin auskannten. Der äußere Wortlaut des Kontextes spricht gegen das Urteil, (den Monatsbeginn) durch Berechnung zu bestimmen.“
An-Nawawî schreibt: „Korrekt ist die Aussage der Mehrheitsgelehrten. Andere Auffassungen sind falsch und werden aufgrund der erwähnten klaren Hadîthe zurückgewiesen.“
Ibn Taimiyya erklärte: „Zweifellos wird durch die authentische Sunna und den Konsens der Prophetengefährten klargestellt, dass man sich nicht auf eine astronomische Berechnung der Himmelskörper verlassen darf.“
Das „Kommitee für islâmisches Fiqh“ verkündete in seiner 4. Sitzung (7.-17. Rabî Al-Âchir 1401 AH, Mekka), dass die Bestimmung der Monatsanfänge durch Mondsichtung und nicht durch astronomische Berechnungen zu erfolgen habe.
Und Allâh weiß es am besten!