Die Mutter meines Kindes

16/11/2021| IslamWeb

Ich bin zwar keine Mutter, doch bin ich seit fast einem Vierteljahrhundert mit einer wunderbaren Mutter gesegnet. Diese Zeitspanne reicht für eine gute Erziehung aus, zumindest für eine Sache: für die Wahl einer geeigneten Ehepartnerin, die vier wichtige Eigenschaften besitzt, welche eine Mutter meiner Meinung nach haben sollte, um ihre Kinder anständig erziehen zu können. Im Qurân heißt es: „Da nahm ihr Herr sie auf gütigste Art an und ließ sie auf schöne Weise heranwachsen“ (Sûra 3:37). Diese Eigenschaften sind wie folgt:

1. Reife: Dieser Charakterzug führt meine Liste an, denn wer selbst noch ein Kind ist, kann keine Kinder richtig erziehen. Eine Frau mit einem Mindestmaß an Reife kümmert sich um die Seelen, die aus ihrem Schoß kommen. Diese Kinder sind ein Segen Allâhs und daher mit Abstand die wichtigste Verantwortung für Mutter und Vater. Eine weise Frau weiß, dass das Wohlergehen ihres Nachwuchses vor ihrer Karriere, ihrem sozialen Leben, ja sogar vor ihren eigenen Bedürfnissen kommt.

2. Wissen: Sowohl islâmische als auch akademische Bildung sind für eine gute Mutter unerlässlich. Es ist kein Zufall, dass Kinder von hochgebildeten Eltern oft gut in der Schule abschneiden. Eine vorbildliche Mutter kann ihren Kindern mit akademischen Kenntnissen helfen, selbst wenn sie groß werden und eine höhere Bildung anstreben.

Außerdem bietet eine Frau, die in den religiösen Wissenschaften gut bewandert ist, den idealen Nährboden für das Wachstum eines Kindes. Das alte Sprichwort, die Mutter sei die erste Schule, ist mit Sicherheit wahr. Während meiner eigenen Kindheit bemühte sich meine Mutter zum Beispiel Geburtstage und alle anderen konsumorientierten Tage wie jeden anderen Tag zu behandeln. Ich habe die Absicht, meine Kinder auf die gleiche Weise zu erziehen, nachdem ich die großen Vorteile dieser Haltung selbst erlebt habe. Ein guter islâmischer Hintergrund hat in der Tat einen rechtschaffenen Dominoeffekt auf den Charakter unserer Kinder und damit auf die Tugendhaftigkeit der Familie.

Islâmisches Wissen bedeutet mehr, als Kindern eine Liste mit Geboten und Verboten in die Hand zu drücken. Ich habe mit Absicht den Ausdruck „religiöse Wissenschaften“ in Bezug auf die Erziehung einer guten Mutter verwendet, denn eine Mutter muss ebenso wie ein Vater verstehen, wie wir Urteile und Handlungen aus dem Qurân und der Sunna ableiten. Auf diese Weise werden Kinder nicht nur voneinander losgelöste Erkenntnisse anhäufen, sondern Prozesse lernen, durch die sie ihre eigenen Schlussfolgerungen über moralische und religiöse Fragen ableiten können, anstatt einer Person oder Gruppe blindlings zu folgen.

3. Geduld und Barmherzigkeit: Ich kann mir keine bedeutenderen Eigenschaften vorstellen als diese beiden. Mütter, die dem rasenden Druck unseres harten sozialen Umfelds ausgesetzt sind, müssen sich diese Eigenschaften zu eigen machen. Es ist besonders wichtig, dass eine Mutter es unterlässt, ihre Kinder aus Frust zu schlagen oder zu verletzen, was durchaus häufig vorkommt. Kinder tragen emotionale Narben von unnötigen und unfairen Schlägen bis ins Erwachsenenalter mit sich und entwickeln deshalb oft Komplexe und hegen Groll gegen ihre Eltern. Außerdem ist es für jeden von uns sündhaft, seine Verantwortung in Form von körperlichen oder verbalen Übergriffen zu missbrauchen.

4. Vorbild: Die Mutter, die ich mir für meine eigenen Kinder vorstelle, ist vor allem ein Vorbild, ein gelebtes Beispiel für den Islâm. Auf diese Weise zeigt sie ihren Kindern, wie man als vollkommener Mensch lebt. Außerdem gewinnt eine Mutter auf diesem Wege den uneingeschränkten Respekt ihrer Kinder, zusätzlich zu den natürlichen Gefühlen, die sie für ihre Mutter empfinden, was auch besonders wichtig ist. Kinder sollten in dem Glauben aufwachsen, dass ihre Mutter nahezu perfekt ist. Sie kann ihrem Kind zum Beispiel nicht verbieten, Hip-Hop-Musik zu hören, während sie zu selbst zu irgendwelchen arabischen Liedern ihre Hüften schwingt. Das Vorleben ist auch wörtlich zu nehmen: Sie kleidet sich bescheiden und präsentiert sich mit Würde, wie es einer muslimischen Frau gebührt. Dies ist sowohl für Mädchen als auch für Jungen nützlich. Mädchen lernen, wie sie sich zu verhalten haben, und Jungen beginnen zu verstehen, was sie sich von einer Frau wünschen, deren Vorzüge dem hohen Standard entsprechen, mit dem sie bei ihrer Mutter aufgewachsen sind.

Ich mache mir keine Illusionen darüber, dass ich die Rolle einer Mutter im Leben der Kinder verdrängen kann – möge Allâh mich mit Kindern segnen! Denn ein Kind richtig aufzuziehen, erfordert in der Tat die besondere Hingabe einer „echten“ Frau.

Doch so wie Mütter stolz auf ihre Kinder sind, so werden auch Mädchen und Jungen von einem einzigartigen Ehrgefühl ergriffen, wenn sie beginnen, den Wert ihrer Mutter zu erkennen. Schon bald sehen sie, wie andere Mütter ihre Kinder behandeln und vergleichen diese mit ihrem eigenen Leben.

Ich bitte Allâh, mir und allen meinen unverheirateten Altersgenossen rechtschaffene Kinder zu schenken, die ihre Mütter wertschätzen. Mir ist bewusst, dass kein menschliches Wesen vollkommen ist. Ihr aber, meine lieben Mütter, kommt dem näher als irgendwer von uns.

www.islamweb.net