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Sa’īd ibn Dschubair

Sa’īd ibn Dschubair

Sa’îd ibn Dschubair wurde zur Zeit des Kalifats von Imâm Alî ibn Abû Tâlib  möge Allah mit ihm zufrieden sein in Kufa geboren. Zur Jugendzeit liebte Sa’îd das Wissen, wandte sich diesem zu und schöpfte aus dessen Quelle. Er las also Ibn Abbâs den Qurân vor, lernte von ihm die islâmische Rechtslehre, die Qurân-Exegese und den Hadîth. Ebenso überlieferte er Hadîthe von mehr als zehn Prophetengefährten. Sa’îd erreichte im Wissen eine Rangstellung, die keiner seiner Gefährten erreichte. Chusaif ibn Abdurrahmân überlieferte von den Ibn Abbâs-Gefährten: „Mudschâhid war derjenige, der unter den Prophetengefährten um den Qurân am besten wusste, und Attâ war derjenige, der unter ihnen den Haddsch am meisten kannte, und Sa’îd ibn Al-Musaiyib war derjenige, der unter ihnen die Ehescheidung am meisten begriff und Sa’îd ibn Dschubair war derjenige, der diese Wissenschaften am meisten umfasste.“

 
Ibn Abbâs ließ Sa’îd ibn Dschubair in seiner Anwesenheit Fatwâs erteilen. Wenn die Einwohner von Kufa ibn Abbâs um Belehrung baten, sagte er zu ihnen: „Gehört nicht zu euch der Sohn von Umm Ad-Dahmâ?“ Damit ist Sa’îd ibn Dschubair gemeint. Sa’îd ibn Dschubair pflegte viele Anbetungshandlungen um Allâhs willen durchzuführen. Er pflegte jedes Jahr einmal den Haddsch und ein anderes Mal die Umra (Pilgerfahrt mit geringeren Riten als Haddsch) auszuüben, zum freiwilligen rituellen Gebet in der Nacht aufzustehen und viel zu fasten. Er rezitierte manchmal den ganzen Qurân in weniger als drei Tagen. Sa’îd ibn Dschubair widersetzte sich Al-Haddschâdsch ibn Yûsuf At-Thaqafî, einem der Fürsten von Banû Umaiya. Da wies Al-Haddschâdsch an, ihn festzunehmen. Als dieser eine Audienz bei ihm hatte, kamen beide miteinander in folgendes Gespräch:
 
Al-Haddschâdsch: „Wie ist dein Name?
Sa’îd: „Sa’îd ibn Dschubair.“
 
Al-Haddschâdsch: „Du heißt aber Schaqî ibn Kusair[Im Arabischen bedeuten Schaqî (unglücklich) und Kusair (etwas Zerbrochenes). Beide sind das Gegenteil von beiden arabischen Wörtern Sa’îd (glückselig) und Dschubair (etwas Festes)].“
Sa’îd: „Meine Mutter kannte meinen Namen besser als du.“
 
Al-Haddschâdsch: „Du wirst elend und deine Mutter auch.“
Sa’îd: „Das Übersinnliche kennt ein Anderer als du.“
 
Al-Haddschâdsch: „Ich werde dir wahrhaftig das Diesseits gegen ein Feuer, das lodert, eintauschen.“
Sa’îd: „Hätte ich gewusst, dass dies in deiner Hand liegt, hätte ich mir dich als Gott genommen.“
 
Al-Haddschâdsch: „Was meinst du über Muhammad?“
Sa’îd: „Er ist der Prophet der Barmherzigkeit und Imâm der Rechtleitung.“
 
Al-Haddschâdsch: „Was meinst du über Alî ibn Abû Tâlib? Ist er im Paradies oder im Höllenfeuer?“
Sa’îd: „Hätte ich das Paradies oder das Höllenfeuer betreten und ihre Einwohner gesehen, hätte ich das gewusst.“
 
Al-Haddschâdsch: „Was meinst du über die Kalifen?“
Sa’îd: „Ich bin nicht als Sachwalter über sie eingesetzt.“
 
Al-Haddschâdsch: „Wer von ihnen gefällt dir am meisten?“
Sa’îd: „Jemand, der meinen Schöpfer am meisten zufriedenstellt.“
 
Al-Haddschâdsch: „Wer von ihnen stellt den Schöpfer am besten zufrieden?“ 
Sa’îd: „Das Wissen darüber ist bei Ihm.“
 
Al-Haddschâdsch: „Du hast dich geweigert mir die Wahrheit zu sagen.“
Sa’îd: „Ich mag es nicht, dir die Wahrheit nicht zu erzählen.“
 
Al-Haddschâdsch: „Warum lachst du nicht?“
Sa’îd: „Die Herzen sind nicht gleich. Und wie kann ein aus Lehm erschaffener Mensch lachen, wobei das Feuer den Lehm verzehrt?“
 
Sa’îd widmete sein Leben dem Islâm und fürchtete niemanden außer Allâh. Er wurde in Kufa geboren, nutzte den Menschen durch sein nützliches Wissen und unterwies sie in den Angelegenheiten deren Religion und diesseitigen Lebens. Er war ein großer Imâm unter den Imâmen der islâmischen Rechtslehre zur Zeit des umayadischen Staates, sodass Abdullâh ibn Abbâs möge Allâh mit ihnen zufrieden sein den Vorrang von Sa’îd hinsichtlich der islâmischen Rechtslehre und des Wissens bezeugte. Abdullâh ibn Abbâs pflegte den Makkanern zu sagen, wenn diese sich bei ihm mit einer Frage erkundigten: „Gehört nicht zu euch der Sohn von Umm Ad-Dahmâ?“ Er meinte Sa’îd ibn Dschubair.
 
Sa’îd ibn Dschubair hatte eine wahrhaftige Zunge und ein Herz, das auswendig lernen konnte. Er fürchtete nicht die Tyrannen und schwieg nicht über das Aussprechen der Wahrheit, denn jemand, der über die Wahrheit schweigt, ist ein stummer Teufel. Al-Haddschâdsch ibn Yûsuf nahm ihn fest, nachdem er ihm unwahre Vorwürfe zugeschrieben hatte, und entschloss sich ihn zu vernichten. Al-Haddschâdsch konnte ihn jedoch nicht am Aussprechen der Wahrheit durch Drohung oder Einschüchterung hindern. Denn Sa’îd ibn Dschubair besaß einen festen Glauben. Er wusste, dass der Tod und das Leben in der Hand Allâhs liegen und niemand außer Ihm diese erschaffen kann.
 
Al-Haddschâdsch wandte bei Sa’îd eine andere Methode an, auf dass er ihn von der Wahrheit abhalten möge. Er verlockte ihn durch Vermögen und diesseitige Dinge, indem er viele Geldsummen vorlegte. Diesem hervorragenden Imâm blieb nichts Anderes übrig, als dass er ihm eine strenge Lehre erteilte. So sagte er zu ihm: „Wenn du, o Al-Haddschâdsch, dieses Geld mit dem Zweck eingesammelt hast, dich vor dem Schrecken des Auferstehungstages zu hüten, ist es gut. Sonst wird ein einziger Schrecken jede Säugende vergessen lassen, wen sie säugt.“
 
Sa’îd ließ ihn erkennen, dass das Geld das größte Mittel zum Verbessern der Handlungen und zur Redlichkeit des Jenseits ist, wenn man es auf eine legale Weise einsammelt, um sich vor dem Schrecken des Auferstehungstages zu hüten. Der Erhabene sagt: „Am Tag, da kein Vermögen nutzt und keine Söhne, es sei denn, wer zu Allâh mit integrem Herzen kommt.“ (Sûra 26:88-89).
 
Die Versuche von Al-Haddschâdsch, Sa’îd zu verlocken, scheiterten erneut, denn Sa’îd gehörte weder zu den Dienern irdischer Genüsse noch zu denjenigen, die ihre Religion gegen ihr Diesseits verkaufen. Al-Haddschâdsch begann Sa’îd zu bedrohen, ihn zu vernichten. Beide führten folgenden Wortwechsel:
 
Al-Haddschâdsch: „Wehe dir, o Sa’îd!“
Sa’îd: „Wehe demjenigen, der dem Paradies entrückt und ins Höllenfeuer eingelassen wird!“
 
Al-Haddschâdsch: „Auf welche Art und Weise möchtest du sterben?“
Sa’îd: „Wähle dir aus, o Al-Haddschâdsch! Bei Allâh, du tötest mich in keiner Weise, ohne dass ich dich auf diese Weise im Jenseits töte.“
 
Al-Haddschâdsch: „Möchtest du, dass ich dir verzeihe?“
Sa’îd: „Wenn es unbedingt Verzeihung gibt, so soll diese von Allâh kommen. Du aber hast weder Lossagung noch Entschuldigungsgrund.“
 
Al-Haddschâdsch: „Geht mit ihm und tötet ihn!“
 
Als sie hinausgingen, um ihn zu töten, weinte dessen Sohn, als er ihn in dieser Situation sah. Da blickte ihn Sa’îd an und sagte zu ihm: „Warum weinst du? Was macht dein Vater im Leben nach 57 Jahren?“ Ein Freund von Sa’îd weinte auch. Da fragte ihn Sa’îd: „Warum weinst du?“
Der Mann antwortete: „Wegen dessen, was dich getroffen hat.“
 
Sa’îd sagte: „Weine nicht! Allâh bestimmte dies vorher!“ Dann rezitierte er folgende Worte Allâhs: „Kein Unglück trifft ein auf Erden und nicht in euren Seelen, ohne dass es in einem Buch verzeichnet wäre, bevor Wir es erschaffen.“ (Sûra 57:22).
 
Dann lachte Sa’îd. Die Leute wunderten sich darüber und teilten es Al-Haddschâdsch mit, der anwies ihn zurückzubringen. Dann fragte ihn Al-Haddschâdsch: „Warum hast du gelacht?“
Sa’îd antwortete: „Ich wunderte mich über deinen Wagemut gegenüber Allâh und über die Nachsicht Allâhs dir gegenüber.“
 
Hadschâdsch: „Tötet ihn!“
Sa’îd: „Ich wende mein Gesicht wahrhaftig Dem zu, Der die Himmel und die Erde erschaffen hat – als Rechtgläubiger, und nicht bin ich einer der Polytheisten.“ (Sûra 6:79).
 
Hadschâdsch: „Legt ihn in eine andere Richtung als die Gebetsrichtung!“
Sa’îd: „... Wohin ihr euch auch wenden möget, dort ist das Antlitz Allâhs ...“ (Sûra 2:115).
 
Hadschâdsch: „Werft ihn auf sein Gesicht!“
Sa’îd: „Aus ihr haben Wir euch erschaffen, und in sie bringen Wir euch zurück, und aus ihr bringen Wir euch ein anderes Mal hervor.“ (Sûra 20:55).
 
Al-Haddschâdsch: „Schlachtet ihn!“
Sa’îd: „Was mich betrifft, so bezeuge ich, dass es keine Gottheit außer Allâh, Der keinen Teilhaber hat, gibt und Muhammad Sein anbetend Dienender und Gesandter ist. Nimm das von mir, o Al-Haddschâdsch, an, bis du mir damit am Auferstehungstag begegnest!“ Dann sprach Sa’îd folgendes Bittgebet zu seinem Herrn aus: »O Allâh, lass ihn keinen anderen Menschen nach mir töten!«“
 

Sa’îd starb als Märtyrer im Jahre 95 n. H. und war 57 Jahre alt. Er verstarb, während seine Zunge im Gedenken Allâhs tätig war.

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