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Der letzte Ramadan – Teil 2

 Der letzte Ramadan – Teil 2

Wenn ich wüsste, dass dies mein letzter Ramadân wäre, dann wäre ich gewiss eifrig darauf bedacht, mein Fasten davor zu schützen, dass es durch irgendetwas negativ beeinträchtigt wird. Denn manch ein Fastender hat von seinem Fasten nicht mehr als nur Hunger und Durst. Ja, ich würde jeden seiner Momente so betrachten, als befände ich mich im Kampf um Allâhs willen, wobei ich meine Begierden, den Satan und das Diesseits mit diesem Fasten bekämpfe.

Der Gesandte Allâhs (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Wer den Ramadan mit Glauben und in Erwartung [der Belohnung von Allâh] fastet, dem wird vergeben, was an seinen Sünden vorausgegangen ist.“ (Überliefert von Al-Buchârî und Muslim.)

Wüsste ich, dass dies mein letzter Ramadân wäre, dann würde ich mich wahrhaftig eifrig darum bemühen, das rituelle Gebet in der Moschee zu verbringen, wo mir der Rezitator mit den Worten Allâhs – mächtig und majestätisch ist Er – Genuss bereitet und einen Streifzug von der ersten Seite des Qurân-Exemplars bis zur letzten unternimmt, während ich mit ihm gemeinsam tiefgründig nachzudenken und zu begreifen versuche. Ja, und nach dem langen Gebet komme ich zurück nach Hause in Sehnsucht nach den Worten meines Herrn; daher schlage ich das Qurân-Exemplar auf und strebe nach mehr davon. Wahrhaftig, es sind die Worte meines Herrn! Ikrima ibn Abû Dschahl  möge Allah mit ihm zufrieden sein pflegte das Qurân-Exemplar aufzuschlagen, auf seine Augen zu legen und zu weinen. Sodann sagte er: „Die Worte meines Herrn, die Worte meines Herrn!“

Wenn ich wüsste, dass dies mein letzter Ramadân wäre, würde ich es nicht wagen zu sündigen; ich würde nicht die Zeitungen und Magazine aufschlagen und begierig nach den Terminen von Seifenopern, Filmen und unmoralischen Fernsehprogrammen suchen. Wahrhaftig, die Sekunden des Lebens sind gezählt, und es wäre nicht vernünftig, niederzureißen, was ich gerade aufbaue, und niederzuschmettern, was ich errichte! Dies ist mein riesiges Schloss, das ich im Ramadân mit Hilfe des Fastens und des nächtlichen rituellen Gebets sowie mit dem Qurân und den Spenden errichtet habe. Wie könnte ich es mit einem Blick auf etwas Verbotenes oder ein schändliches Wort oder ein unverschämtes Lachen wieder zerstören?

In meinem letzten Ramadân werde ich sicher keine vergeudete Zeit und keinen langen Schlaf akzeptieren. Wie sollte ich dann Momente des Ungehorsams und der Missetaten, der Fehltritte und der Sünde hinnehmen?! Dies wäre alles andere als vernünftig...

Wüsste ich, dass dies mein letzter Ramadân wäre, so würde ich kein Geld für mich oder für meine Erben horten, sondern sehen, was mir bei meinem Herrn von Nutzen sein wird. Und so würde ich mit aller Kraft nach einem bedürftigen Armen suchen oder nach einem bedürftigen Studenten oder einem jungen Mann, der heiraten möchte, um seine Keuschheit zu wahren, aber nicht imstande dazu ist, oder nach einem Muslim, der sich gerade in Not befindet, oder nach anderen Arten von Bedürftigen und Besorgten; und sodann würde ich in der Umgebung jener Leute mit meinem Geld etwas stiften, selbst wenn es nur wenig wäre. Denn dies ist es, was für mich bleibt. Und das, was ich aufbewahre, ist das, was vergänglich ist und verschwindet.

Wenn ich wüsste, dass dies mein letzter Ramadân wäre, so würde ich meine Umma nicht vergessen! Denn deren Wunden sind zahlreich und ihre Krisen vielfältig. Wie sollte ich meinem Herrn gegenübertreten, ohne mich zuvor um die Probleme meiner Umma gekümmert zu haben?! Palästina ist belagert, der Irak ist besetzt und ebenso Afghanistan. In Tschetschenien gibt es Unterdrückung, heftige Angriffe in Kaschmir, Zersplitterung im Sudan und in Somalia Zerstörung. Barbarische Monster laufen beißend auf der Erde umher, während die Muslime in Unachtsamkeit leben.

Was werde ich zu meinem Herrn sagen, wenn ich Ihm morgen begegne!?

Wird es dann zu meinen Gunsten sein, dass ich damit beschäftigt war, Sportturniere zu verfolgen, oder mich stark für wissenschaftliche Neuigkeiten interessiert habe oder gar mit mir selbst oder mit meiner Familie beschäftigt war?

Wo ist das Bewusstsein, dass wir eine Umma sind?

Drohe ich auf Grund der Verletzung und Schäden, die von den Muslimen im Osten wie auch im Westen der Erde erlitten werden, vor Fieber und Schlaflosigkeit zusammenzubrechen?!

Ja, selbst wenn ich damit beschäftigt war zu beten und die Nächte im rituellen Gebet zu verbringen, wird mein Herr es als Entschuldigung akzeptieren, dass ich die Männer, die ermordet werden, und die Frauen, die vergewaltigt werden, sowie die vertriebenen Kinder, die zerstörten Häuser und die Ländereien, die fortgerissen werden, sowie die sakrosankten Werte, die entweiht werden, vergessen habe?

Allâhs Gesandter (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) brach sein Fasten und wies die Muslime an, das Fasten zu brechen, als sie auf dem Weg nach Makka waren, um es, nachdem die Quraisch und der Stamm der Banû Bakr treulos gewesen waren, zu erobern.

Dies ist nicht mein oder dein eigenes Verständnis, sondern dies war das Verständnis des Gesandten Allahs (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken).

So sollte mein letzter Ramadân sein..

Nein, vielmehr sollte mein ganzes Leben so sein...

Und was ist, wenn ich nach dem Ramadân weiterlebe? Werde ich es akzeptieren, dass Allâh – mächtig und majestätisch ist Er – mich in den Monaten Schawwâl oder Radschab sieht, während ich mich mit Spiel und Scherz amüsiere, meine Zeit vertreibe und mich mit trivialen, unbedeutenden Dingen beschäftige!?

Wie brillant doch die Anweisung gewesen ist, die Abû Bakr As-Siddîq  möge Allah mit ihm zufrieden sein dem Abû Ubaida ibn Al-Dscharrâh  möge Allah mit ihm zufrieden sein erteilte, als dieser sich vor seinem Kriegszug in den Norden nach Groß-Syrien verabschiedete.

Abû Bakr sagte: „O Abû Ubaida, mögest du rechtschaffen handeln, als dich stets Bemühender leben und als Märtyrer sterben!“

Handle nicht nur rechtschaffen, sondern erstrebe voller Eifer den höchsten Gipfel des Islâm – das kämpferische Bemühen um Allâhs willen – in jedem Lebensbereich; das kämpferische Bemühen in der Schlacht gegen die Feinde des Islâm; das kämpferische Bemühen mit der Zunge gegen einen ungerechten Herrscher; das kämpferische Bemühen mit dem Qurân gegen die Verbreiter von Scheinargumenten; das kämpferische Bemühen mit denen, die den Islâm nicht kennen, indem sie zur Wahrheit eingeladen werden; das kämpferische Bemühen gegen das Ego, das Begehren und den Satan; das kämpferische Bemühen durch das Streben nach Gehorsam und frommem Handeln und das kämpferische Bemühen gegen die Sünden und die Gelüste. Dies ist das Leben eines sich kämpferisch Bemühenden...

Und es liegen Welten zwischen jemandem, der sich in ein, zwei Momenten bemüht, und jemandem, der sein Leben damit verbringt sich zu bemühen.

Aber auch das kämpferische Bemühen allein genügt nicht! Vielmehr müssen wir danach streben, als Märtyrer zu sterben. Doch wie können wir als Märtyrer sterben, wo wir uns doch den Zeitpunkt unseres Todes und ebenso den Ort und die Art und Weise nicht selbst aussuchen können?!

Wir benötigen nicht viele Worte, um diese Feinheit zu erklären. Um zu erklären, was gemeint ist, genügt es vielmehr, wenn wir auf den folgenden Hadîth des Gesandten Allâhs (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) hinweisen. Er (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte:

„Wer mit Aufrichtigkeit um das Martyrium bittet, den wird Allâh die Rangstufen der Märtyrer erreichen lassen, selbst wenn er in seinem Bett stirbt.“ (Überliefert von Muslim.)

Betrachte dir – o mein muslimischer Bruder und meine muslimische Schwester – den Begriff „Aufrichtigkeit“, den der großartige Gesandte (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) erwähnte. Denn Allâh – mächtig und majestätisch ist Er – sieht unsere Herzen, kennt unsere Absicht und weiß, wie wir leben.

Meine geliebte Umma! Ein bezahltes Klageweib gleicht nicht der Frau, die ihr Kind verloren hat...

In unserem letzten Ramadân leisten wir keinen erzwungenen und gekünstelten Gehorsam, sondern wir wissen, dass der Gehorsam gegenüber dem Allerbarmer unser Weg ins Paradies ist und dass Allâh – mächtig und majestätisch ist Er – keinerlei Nutzen durch irgendeine Form des Gehorsams hat und durch Sünden keinen Schaden erfährt, sondern dass wir es sind, die von unseren Taten, von unserem Bemühen und unserem Martyrium profitieren.

Also, o meine Umma! Taten, kämpferisches Bemühen und Aufrichtigkeit...

Denn das, was vom vorgesehenen Gesamtalter des Diesseits noch geblieben ist, ist weniger als das, was schon vergangen ist.

Klug ist derjenige, der sich selbst bändigt und zur Rechenschaft zieht und sich auf das vorbereitet, was nach dem Tode kommt.

Wir bitten Allâh – mächtig und majestätisch ist Er –, den Islâm und die Muslime zu stärken!

Der letzte Ramadan – Teil 1

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